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Hohe Versagerquote wirbelt Staub auf Streit um Metallendoprothesen in der Hüfte Auf Hüftimplantate mit Metall-auf-Me- tall-Paarungen sollten Ärzte künftig ver- zichten. Dies fordern die Autoren einer ak- tuell im Lancet publizierten Studie [Smith et al. Epub March 13; DOI: 10.1016/S0140- 6736(12)60353-5]. Der Grund: Die Forscher fanden ein deutlich erhöhtes Risiko für ein TEP-Versagen, das mit der Größe des künst- lichen Hüftkopfes korreliert. In der Studie lag die Revisionsrate bei sol- chen Metall-auf-Metall-Implantaten insge- samt bei 6,2 % über fünf Jahre. Andere Im- plantattypen, z.B. aus Metall-Polyethylen oder Keramik, mussten im selben Zeitraum nur in etwa 2 % der Fälle ausgetauscht werden. Das überraschendste Ergebnis der Studie: Die Metallimplantate – und nur diese – versagten umso häufiger, je größer die künstlichen Hüftköpfe waren. Dieses Risiko nahm pro Millimeter um 2 % zu. Bei Keramik-Paarungen verhielt es sich dage- gen umgekehrt, hier waren größere Implan- tate sicherer. In Deutschland führt derzeit das Bundesins- titut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eine Risikobewertung durch. Das Ziel sei, so die Behörde, „mögliche gesund- heitliche Risiken für Patienten verlässlich eingrenzen zu können“. Potenzielle Gefah- ren ergeben sich nicht nur durch die Locke- rung der Prothese, sondern auch durch den toxischen Metallabrieb. Die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie hat sich ge- gen eine grundsätzliche Verurteilung von Metall-Prothesen ausgesprochen. Man müsse berücksichtigen, dass Metall-auf- Metall-Paarungen „seit Jahrzehnten und meist erfolgreich“ in der Hüftendoprothetik eingesetzt würden. Dr. Elke Oberhofer Metall-Risiken im Blickpunkt Der aktuellen Diskussion zu den möglichen Risiken von Metall-auf- Metall-Endoprothesen widmen wir in Orthopädie & Rheuma 3/2012 einen „Blickpunkt“ Weitere aktuelle Beiträge zum Thema finden Sie im Internet unter www.springermedizin.de/chirurgie -----gelenkersatz/277498.html © prluka – fotolia.com Die Größe des Endoprothesenkopfes bestimmt offenbar wesentlich die Versagerquote unterschiedlicher Prothesentypen. Panorama Kurz gemeldet Überstunden: Riegel vorschieben oder bezahlen Ärzte, die Mitarbeiter sehenden Auges Überstunden machen lassen, müssen diese auch bezahlen, so das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg (Az.: 6 Sa 1941/11). Das LAG sprach einer Angestellten 4.370 Euro für 372 geleistete Überstunden zu. Bei Aufnahme des Arbeitsverhältnis- ses hatte ihr Vorgesetzter sie an- gewiesen, Beginn und Ende ihrer täglichen Arbeitszeit aufzu- schreiben. Das tat sie auch. Die Firma wollte die dokumentierten Überstunden aber nicht bezah- len. Das muss sie laut LAG aber. Denn der Chef habe die Über- stunden geduldet und hinge- nommen, dass die Angestellte über ihre reguläre Arbeitszeit hinaus im Betrieb war. Martin Wortmann Einschreiben nicht abgeholt – Kündigung unwirksam Eine Kündigung per Übergabe- Einschreiben zu verschicken ist ein Risiko für den Arbeitgeber. Holt der Arbeitnehmer die Sendung nämlich nicht ab, gilt die Kündigung als nicht zugegangen, wie das Landesarbeits- gericht (LAG) Rheinland-Pfalz kürz- lich entschied (Az.: 10 Sa 156/11). Damit gab das LAG einer Klägerin recht. Deren Arbeitgeber wollte ihr die Kündigung per mit Übergabe- Einschreiben zukommen lassen. Ein solches Einschreiben wird per- sönlich zugestellt. Weil auf sein Klin- geln hin niemand die Wohnungstür öffnete, hinterließ der Postbote eine Benachrichtigung, wo das Einschrei- ben abgeholt werden kann, was die Klägerin aber nicht tat. Daher sei es ihr auch nicht zugegangen und die Kündigung somit unwirksam, urteilte das LAG. Martin Wortmann 8 ORTHOPÄDIE & RHEUMA 2012; 15 (2) Neue Zahlen widerlegen alten Mythos Deutsche rennen nicht zu oft zum Arzt! Einer Studie des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland zufolge hatte 2007 jeder Versicherte im Schnitt 17 Arztkontakte. Die Bundesregie- rung warnte jetzt davor, diesen Mittelwert isoliert zu betrachten. Das führe „zu Fehlin- terpretationen des Versorgungsgesche- hens, etwa zu der pauschalen Aussage, dass in Deutschland eine zu hohe Arztinan- spruchnahme bestünde“. Rund 16 % der Patienten nähmen 50 % aller Arztkontakte in Anspruch, so die Regierung. Das könne durch die Morbidität und das Alter der Pati- enten und eine erforderliche intensivere Versorgung erklärt werden. Ein Viertel der Versicherten gehe höchstens viermal im Jahr zum Arzt, weitere 25 % verbuchen maximal zehn Arztbesuche pro Jahr. Aus Sicht der Kassenärztlichen Bundesver- einigung (KBV) dienen die Zahlen der Ver- sachlichung der Diskussion. „Es ist ein My- thos, dass der Deutsche per se oft zum Arzt geht“, sagte KBV-Sprecher Roland Stahl. Die Studie belege, dass nur die Kranken oft ei- nen Arzt aufsuchen müssten, die Gesunden deutlich seltener. Sunna Gieseke © M&S Fotodesign – Fotolia.com

Streit um Metallendoprothesen in der Hüfte

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Page 1: Streit um Metallendoprothesen in der Hüfte

Hohe Versagerquote wirbelt Staub auf

Streit um Metallendoprothesen in der Hüfte

— Auf Hüftimplantate mit Metall-auf-Me-tall-Paarungen sollten Ärzte künftig ver-zichten. Dies fordern die Autoren einer ak-tuell im Lancet publizierten Studie [Smith et al. Epub March 13; DOI: 10.1016/S0140-6736(12)60353-5]. Der Grund: Die Forscher fanden ein deutlich erhöhtes Risiko für ein TEP-Versagen, das mit der Größe des künst-lichen Hüftkopfes korreliert. In der Studie lag die Revisionsrate bei sol-chen Metall-auf-Metall-Implantaten insge-samt bei 6,2 % über fünf Jahre. Andere Im-plantattypen, z.B. aus Metall-Polyethylen oder Keramik, mussten im selben Zeitraum nur in etwa 2 % der Fälle ausgetauscht werden. Das überraschendste Ergebnis der Studie: Die Metallimplantate – und nur diese – versagten umso häufiger, je größer die künstlichen Hüftköpfe waren. Dieses

Risiko nahm pro Millimeter um 2 % zu. Bei Keramik-Paarungen verhielt es sich dage-gen umgekehrt, hier waren größere Implan-tate sicherer. In Deutschland führt derzeit das Bundesins- titut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eine Risikobewertung durch. Das Ziel sei, so die Behörde, „mögliche gesund-heitliche Risiken für Patienten verlässlich eingrenzen zu können“. Potenzielle Gefah-ren ergeben sich nicht nur durch die Locke-rung der Prothese, sondern auch durch den toxischen Metallabrieb. Die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie hat sich ge-gen eine grundsätzliche Verurteilung von Metall-Prothesen ausgesprochen. Man müsse berücksichtigen, dass Metall-auf-Metall-Paarungen „seit Jahrzehnten und meist erfolgreich“ in der Hüftendoprothetik eingesetzt würden. Dr. Elke Oberhofer

Metall-Risiken im Blickpunkt

— Der aktuellen Diskussion zu den möglichen Risiken von Metall-auf-Metall-Endoprothesen widmen wir in Orthopädie & Rheuma 3/2012 einen „Blickpunkt“

— Weitere aktuelle Beiträge zum Thema finden Sie im Internet unter www.springermedizin.de/chirurgie -----gelenkersatz/277498.html

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Die Größe des Endoprothesenkopfes bestimmt offenbar wesentlich die Versagerquote unterschiedlicher Prothesentypen.

Panorama Kurz gemeldet

Überstunden: Riegel vorschieben oder bezahlen

Ärzte, die Mitarbeiter sehenden Auges Überstunden machen lassen, müssen diese auch bezahlen, so das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg (Az.: 6 Sa 1941/11). Das LAG sprach einer Angestellten 4.370 Euro für 372 geleistete Überstunden zu. Bei Aufnahme des Arbeitsverhältnis-ses hatte ihr Vorgesetzter sie an-gewiesen, Beginn und Ende ihrer täglichen Arbeitszeit aufzu-schreiben. Das tat sie auch. Die Firma wollte die dokumentierten Überstunden aber nicht bezah-len. Das muss sie laut LAG aber. Denn der Chef habe die Über-stunden geduldet und hinge-nommen, dass die Angestellte über ihre reguläre Arbeitszeit hinaus im Betrieb war. Martin Wortmann

Einschreiben nicht abgeholt – Kündigung unwirksam

Eine Kündigung per Übergabe- Einschreiben zu verschicken ist ein Risiko für den Arbeitgeber. Holt der Arbeitnehmer die Sendung nämlich nicht ab, gilt die Kündigung als nicht zugegangen, wie das Landesarbeits-gericht (LAG) Rheinland-Pfalz kürz-lich entschied (Az.: 10 Sa 156/11). Damit gab das LAG einer Klägerin recht. Deren Arbeitgeber wollte ihr die Kündigung per mit Übergabe-Einschreiben zukommen lassen. Ein solches Einschreiben wird per-sönlich zugestellt. Weil auf sein Klin-geln hin niemand die Wohnungstür öffnete, hinterließ der Postbote eine Benachrichtigung, wo das Einschrei-ben abgeholt werden kann, was die Klägerin aber nicht tat. Daher sei es ihr auch nicht zugegangen und die Kündigung somit unwirksam, urteilte das LAG. Martin Wortmann

8 ORTHOPÄDIE & RHEUMA 2012; 15 (2)

Neue Zahlen widerlegen alten Mythos

Deutsche rennen nicht zu oft zum Arzt! — Einer Studie des Zentralinstituts für die

kassenärztliche Versorgung in Deutschland zufolge hatte 2007 jeder Versicherte im Schnitt 17 Arztkontakte. Die Bundesregie-rung warnte jetzt davor, diesen Mittelwert isoliert zu betrachten. Das führe „zu Fehlin-terpretationen des Versorgungsgesche-hens, etwa zu der pauschalen Aussage, dass in Deutschland eine zu hohe Arztinan-spruchnahme bestünde“. Rund 16 % der Patienten nähmen 50 % aller Arztkontakte in Anspruch, so die Regierung. Das könne durch die Morbidität und das Alter der Pati-

enten und eine erforderliche intensivere Versorgung erklärt werden. Ein Viertel der Versicherten gehe höchstens viermal im Jahr zum Arzt, weitere 25 % verbuchen maximal zehn Arztbesuche pro Jahr.Aus Sicht der Kassenärztlichen Bundesver-einigung (KBV) dienen die Zahlen der Ver-sachlichung der Diskussion. „Es ist ein My-thos, dass der Deutsche per se oft zum Arzt geht“, sagte KBV-Sprecher Roland Stahl. Die Studie belege, dass nur die Kranken oft ei-nen Arzt aufsuchen müssten, die Gesunden deutlich seltener. Sunna Gieseke

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